Kohlenstoffabscheidung – das fehlende Glied zur Dekarbonisierung der Welt
Die wichtigsten Erkenntnisse
- Nahezu 300 Millionen Tonnen CO2 werden bereits sicher und erfolgreich im Untergrund gelagert.
- Die Zahl der vorgeschlagenen oder in der Entwicklung befindlichen CCS-Projekte wird bis 2030 voraussichtlich auf über 300 Millionen Tonnen pro Jahr ansteigen – gegenüber 45,9 Millionen Tonnen im Jahr 20221.
- Der CCS-Markt, der für 2022 auf 3,28 Milliarden US-Dollar geschätzt wurde, dürfte bis 2030 mit einer durchschnittlichen jährlichen Rate von 7,1 % wachsen2.
- Die Kohlenstoffabscheidung und -speicherung ist ein wichtiges Instrument für die Entwicklung einer Kreislaufwirtschaft.
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Die Kohlenstoffabscheidung und -speicherung (Carbon Capture and Storage, CCS) bezeichnet den Prozess der Abscheidung von CO2-Emissionen (Kohlendioxid) und deren sichere Lagerung, damit sie die Umwelt nicht schädigen. Der Begriff umfasst sowohl Technologien, die Emissionen an der Quelle abfangen, als auch solche, die CO2 aus der Atmosphäre abscheiden.
Quelle: Global CCS Institute, 2024.
Nach Angaben des CCS Institute wird CCS bereits auf der ganzen Welt eingesetzt – mit unterschiedlichen Technologien zur Abscheidung von Emissionen, je nach deren Quelle. Laut dem Institute existieren aktuell 29 Anlagen mit einer kumulierten Kapazität von rund 40 Millionen Tonnen pro Jahr, was der Einsparung von fast acht Millionen Autos entspricht. Nahezu 300 Millionen Tonnen CO2 werden bereits sicher und erfolgreich im Untergrund gelagert.
WisdomTree Recycling Decarbonisation UCITS ETF (WRCY)
Der WisdomTree Recycling Decarbonisation UCITS ETF (WRCY), der in Zusammenarbeit mit Experten von TortoiseEcofin entwickelt wurde, stützt sich auf zwei wichtige Säulen. Bei der ersten Säule handelt es sich um die Energiegewinnung aus Abfällen wie Haushaltsmüll, Gülle, landwirtschaftlichen Erzeugnissen und/oder tierischen Fetten. Zu diesem Thema gehören Unternehmen, die sich mit der Herstellung von erneuerbaren Kraftstoffen wie nachhaltigem Flugkraftstoff, Ethanol und anderer Biomasse wie Holzpellets beschäftigen. Die zweite Säule ist das Recycling. Diese Unternehmen sind im Bereich des Recyclings tätig, darunter das traditionelle Kunststoffrecycling, bei dem Kunststoff zur Wiederverwendung in Originalmaterialien wie Polypropylen zurückgeführt wird, das Recycling von Lithium-Ionen-Batterien sowie Unternehmen, die sich mit der Abscheidung und Bindung von Kohlenstoff beschäftigen.
Der WRCY ist nach Artikel 9 der SFDR eingestuft3.
Impulse für den Einsatz der Technologie
Erstens setzen Schwerindustrien, die sich nur schwer dekarbonisieren lassen, auf Kohlenstoffabscheidung. Die Zementherstellung ist ein solches Beispiel. Heidelberg Cement, ein weltweit tätiger Zementhersteller, entwickelt derzeit acht Initiativen zur Kohlenstoffabscheidung in der ganzen Welt. Auch der Stahlhersteller ArcelorMittal setzt im Rahmen seines milliardenschweren Investitionsprogramms auf die Kohlenstoffabscheidung. Die Erzeugung von blauem Wasserstoff (mittels Erdgas und Emissionen, die einem CCS-Verfahren unterzogen werden) profitiert ebenfalls von dieser Technologie. Aramco, das größte Erdölunternehmen der Welt, setzt dieses Instrument zur Herstellung von nachhaltigem Wasserstoff ein4.
Zweitens trägt auch politische Unterstützung zur Einführung von CCS bei. Das Inflationsbekämpfungsgesetz sieht Steuergutschriften in Höhe von 85 US-Dollar je Tonne für CCS-Projekte vor, die Emissionen aus fossilen Brennstoffen reduzieren5. In Europa sollen Emissionszertifikate (EUA), die einen Preis für die Emissionen der im Rahmen des Emissionshandelssystems regulierten Unternehmen festlegen, Anreize für die Einführung sauberer Technologien bieten. Je höher der Preis für CO2-Emissionen ist, desto mehr Anreize haben die Unternehmen, sich Lösungen wie erneuerbaren Energien und CCS zuzuwenden.
Wir wissen, dass uns keine Einzellösung bei der vollständigen Dekarbonisierung der Welt helfen kann. Erneuerbare Energien, Elektrifizierung, Recycling und andere Technologien müssen alle eine Rolle spielen – ebenso wie die Kohlenstoffabscheidung. Glücklicherweise ist diese Technologie auf dem Vormarsch. Die Zahl der vorgeschlagenen oder in der Entwicklung befindlichen CCS-Projekte wird bis 2030 voraussichtlich auf über 300 Millionen Tonnen pro Jahr ansteigen – gegenüber 45,9 Millionen Tonnen im Jahr 20226. Der CCS-Markt, der für 2022 auf 3,28 Milliarden US-Dollar geschätzt wurde, dürfte bis 2030 mit einer durchschnittlichen jährlichen Rate von 7,1 % wachsen7.
Unternehmen an vorderster Front
Mit der Weiterentwicklung des Bereichs machen auch die Geschäftsmodelle Fortschritte. Aker hat sich als führender Akteur in der Branche etabliert und bietet die Kohlenstoffabscheidung als Komplettlösung an. Unternehmen müssen keine großen Investitionen tätigen, um ihre Emissionen zu verringern oder komplett abzubauen, sondern können Aker beauftragen und pro Tonne abgeschiedenes CO2 bezahlen, wobei Aker die gesamte CCS-Wertschöpfungskette von der Abscheidung über den Transport bis zur Lagerung übernimmt.
NET Power ist ein weiterer Akteur in der Branche, der Energie durch die Verbrennung von Erdgas erzeugt und das CO2 entweder zur Energieerzeugung wieder in den Prozess einspeist oder es abscheidet und sicher lagert. Nach Angaben des Unternehmens werden mit seiner Technologie über 97 % der CO2-Emissionen aus der Stromerzeugung gebunden.
LanzaTech verfolgt ein anderes Geschäftsmodell, auch wenn es in der gleichen Branche tätig ist. Das Unternehmen geht noch einen Schritt weiter und wandelt den abgeschiedenen Kohlenstoff in großem Maßstab in etwas Wertvolles und Nützliches um. Dadurch wird der Bedarf an fossilem Kohlenstoff in Konsumgütern und nachhaltigen Flugzeugtreibstoffen verringert.
Die Kreislaufwirtschaft
Die Kohlenstoffabscheidung und -speicherung ist ein wichtiges Instrument für die Entwicklung einer Kreislaufwirtschaft. Unser traditionelles Modell der Nutzung natürlicher Ressourcen war bisher linear: entnehmen, herstellen und entsorgen. Ein Kreislaufmodell hingegen ist ein Modell, bei dem wir entnehmen, herstellen und wiederverwerten. Und wenn Recycling nicht möglich ist, zielt ein Kreislaufmodell darauf ab, die schädlichen Auswirkungen auf die Umwelt zu minimieren, etwa durch die sichere unterirdische Lagerung von Kohlenstoff.
Quellen
1 Internationale Energieagentur, entnommen vom Weltwirtschaftsforum, Oktober 2023.
2 Grand View Research, 2023.
3 Sustainable Finance Disclosure Regulation (Verordnung über nachhaltigkeitsbezogene Offenlegungspflichten im Finanzdienstleistungssektor)
4 Weltwirtschaftsforum, Oktober 2022.
5 US Inflation Reduction Act (Inflationsbekämpfungsgesetz), Bericht der FT, November 2023.
6 Internationale Energieagentur, entnommen vom Weltwirtschaftsforum, Oktober 2023.
7 Grand View Research, 2023.